Roller Derby Rookie Diary, Teil 5

Liebes Tagebuch,
heute ist etwas passiert. Etwas Großartiges! Als ich heute Morgen leicht bekleidet an unserem Schlafzimmerspiegel vorbeihuschte (spätestens seit meiner zweiten Schwangerschaft sind er und ich keine Freunde mehr), sah ich etwas aus dem Augenwinkel. Nur für einen kurzen Moment. Ich stutzte, ging langsam rückwärts und wiederholte diese Bewegung noch einmal langsam … tatsächlich! Da war er! Mein Oberschenkelmuskel!!! Deutlich zu erkennen unter meiner winterlich wachsweißen Haut. HA! Nach so langer Zeit hatte ich fast nicht mehr erwartet, ihn wiederzusehen.
Nun war ich neugierig. Ich drehte dem Spiegel den Rücken zu, stellte mich auf die Zehenspitzen und guckte über die Schulter. Tatsache! Auch an den Waden entdeckte ich Muskeln. Ganz deutlich! Auf beiden Seiten. Jetzt wurde ich mutig und tat etwas, dass ich schon lange aufgegeben hatte. Ich versuchte mich daran zu erinnern, wie man Bauchmuskeln anspannt und sie dann zu ertasten. HA! ERFOLG. Tatsächlich, da unter dem restlichen „Ich-bin-schwanger-und-esse-soviel-ich-will-Speck“ erwartete meine Finger etwas unerwartet hartes. Ich hätte fast geweint vor Freude, wenn in diesem Moment nicht meine Dreijährige ins Schlafzimmer gekommen wäre, um mich etwas entgeistert anzusehen und zu fragen „Mama … was machst du da?“ Ich nuschelte schnell etwas und schwebte den ganzen Tag auf Wolken.
Jetzt hatte ich endlich den Beweis: Mein Training bringt doch etwas!!

Fast hatte ich nämlich die Hoffnung schon aufgegeben, jemals ein Erfolgserlebnis zu verspüren. Als ich nach meinem langen, verletzungsbedingten Ausfall wieder zum Training kam, hatte ich schnell eine Phase totaler Frustration. Meine Teammates waren viel weiter als ich, konnten schon Dinge, von denen ich weit entfernt war. Wir hatten zwar (fast) alle am gleichen Ausgangspunkt angefangen (Rollschuhlaufen?? Vor zwanzig Jahren mal!), aber ich musste schnell feststellen, dass sie mir im wahrsten Sinne davon gefahren waren. Es war als müsste ich wieder ganz von vorn beginnen. Sogar die Newbies waren weiter als ich. Und ja, ich war kurz davor, alles hinzuschmeissen, saß nach dem Training den Tränen nahe auf der Bank und fragte mich, ob es jemals noch was werden würde mit mir. In dieser Situation war es mehr das Team, als der Sport an sich, der mich bei der Stange hielt. Ich habe schon mal erwähnt, dass meine Mädels wunderbar sind, oder? Unser Ref und Trainer nimmt sich noch immer bei jedem Training Zeit mit mir grundlegende Sachen zu üben, während die anderen Mädels 180 Jumps üben und schon Taktiken diskutieren, während ich noch immer versuche im Pack überhaupt auf Rollen zu bleiben. Herr Mad Payne (eher Pain für mich), danke noch mal an dieser Stelle.
Aber so langsam merke ich immer mehr, dass es sich doch lohnt und ich bin froh, dass ich durchgehalten habe.

Danke Mädels! ICH HABE WIEDER MUSKELN!!

Über die Autorin:

Martha Pfahl aka. Marie-Christin Spitznagel lebt, rollt und schreibt in Kassel. Von nun an lässt die freiberufliche Texterin und Publizistin uns an ihrem Weg vom Rookie zum echten Roller Girl teilhaben.

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