Die Bekanntschaft zu einem minderjährigen Skater veranlasste den Verfasser am Rande der „2013: A Skate Odyssey“-Euro Regionals, eine befreundete Waliserin ausgiebig über das Junior Derby Team der Tiger Bay Brawlers zu löchern und nur einen Monat später deren Trainerin zu befragen.

Die Tiger Bay Brawlers haben in den letzten drei Jahren eine kometenhafte Zeitrafferentwicklung durchgemacht. Zu ihren größten Erfolgen zählt, den London Brawl Saints ihre bis dato einzige Niederlage beigebracht zu haben; ihr zweiter Platz bei den „2013: A Skate Odyssey“-Euro Regionals, wobei ihnen viele auch den Sieg zugetraut hatten; sowie ihre Stufung zur WFTDA-Vollmitgliedschaft im Juni 2013. Die Tiger Bay Brawlers waren von Anfang an auf sportlicher Ebene von höchstem Ehrgeiz getrieben und sollten deswegen zunächst nur einen nüchternen Namen erhalten. Zwar wäre „Cardiff Roller Derby“ noch zu vergeben gewesen, doch ein ähnlicher Name existierte bereits. Und damit taugte auch der Bezirk der Brawlers – Cardiff Bay – nicht mehr zur Namensgebung. So entschloss man sich bei der Gründung im April 2010, auf den Namen der Bucht vor der Gentrifizierung zurückzugreifen und damit doch wieder ein etwas ausgelaugtes Piraten-Thema zu pflegen.

Doch der Name inspiriert. Wie die Brawlers-Hymne. Wie das Beispiel der im Interview erwähnten McCabe-Familie, nachzulesen im Tiger Bay-Tumblr. Wie das Fauchen der Tiger Cubs bei ihrem ersten Bout.

Junior Derby fasziniert zugleich wegen abweichender Regeln – so werden die Spielerinnen nach dem Fouling out beispielsweise von den Refs bei der Hand genommen und ihren Eltern übergeben (deren Anwesenheit aus Sicherheitsgründen erforderlich ist) – als auch wegen der Gemeinsamkeiten, mit dem Sport, wie wir ihn kennen. Z.B. in Hinsicht auf die Hingabe, die wir teilen.

Doch lassen wir die Trainerin selbst zu Wort kommen:

Edel: Ich bin Edel Marie, komme aus Irland und wohne seit sieben Jahren in Großbritannien. Ich skate seit zweieinhalb Jahren für die Tiger Bay Brawlers und bin seit eineinhalb Jahren Trainerin der Tiger Cubs.

 

Sind die Kids schon aufgeregt wegen des Bouts morgen?

Edel: Nein, nur ich. Seit zwei Wochen. Die Cubs skateten ihren ersten Bout seinerzeit vor mehr als dreihundert Zuschauern und haben das Publikum überraschenderweise nicht einmal zur Kenntnis genommen. Einige im A-Team sagten hinterher, das zu sehen, hätte sie bei ihrem eigenen Bout auch ruhiger gemacht, haha. Die Cubs stehen einfach gern auf Skates und das ist alles, was für sie zählt.

 

Warst du von Anfang an an der Gründung der Cubs beteiligt?

Edel: Ja, die Initiative geht auf Judge Redd, einer unserer Trainerinnen bei den Tiger Bay Brawlers, und mich zurück. Ich bin Lehrerin der Sekundarstufe und habe meine Verbindungen in der Schule genutzt, um Unterstützung durch das Schulsportprogramm „5×60“ zu erhalten.

 

Kannst du mir mehr über das „5×60“-Programm erzählen? 

Edel: „5×60“ ist eine von der walisischen Verwaltung finanzierte Organisation, die alle Nachmittags- und Feriensport-Aktivitäten organisiert. Die „5×60“-Funktionärin an meiner Schule, der St. Teilo’s Church in Wales High School, war uns vom ersten Tag an eine große Hilfe. Die Organisation unterstützt uns bei der Hallensuche und berät uns hinsichtlich der Versicherung und aller Sicherheitsüberprüfungen, die bei der Betreuung von Minderjährigen erforderlich sind. Da sie etabliert sind, konnten wir durch sie Versammlungen in Schulen abhalten und unsere Poster aufhängen.

 

(Anm. d. Red.: Ähnlich wie „Dragon Sports“ für Grundschüler, geht „5×60“ auf eine Initiative zurück, die 90 % der Jugendlichen ab elf Jahren an fünf Tagen der Woche zu 60 Minuten Sport inspirieren will. Erstaunlicherweise decken sich viele Werte des Programms mit denen des Roller Derbys, z.B. der der Selbstbestimmung.)

 

Du hast also ein berufliches Interesse. Hast du denn selbst Kinder?

Edel: Nein, aber dadurch, dass ich täglich mit ihnen arbeite, wusste ich, was für eine großartige Gelegenheit es für junge Leute in Cardiff wäre, sich einer Roller Derby Liga anzuschließen.

 

Was gefällt den Kids an Derby? Haben sie eine andere Einstellung als Erwachsene?

Edel: Roller Derby hatte einen positiven Effekt auf meine Einstellung zu Fitness und auf meine Selbstachtung. Ich dachte: Wenn es mir als Erwachsener hilft, kann es Jugendlichen ungleich mehr helfen. Es muss schrecklich sein, ein Teenager zu sein. Jugendliche stehen unter einem großem Druck, das sehe ich täglich bei meiner Arbeit. Die Cubs äußern sich übereinstimmend darin, dass Derby sie bemächtigt, etwas zu erreichen, ohne sich darum zu kümmern, mit wem sie abzuhängen oder was sie zu tragen haben. Ihnen gefällt, dass der Sport sie fordert und sie ermutigt, ihre eigenen Stärken spielerisch zu entdecken, anstatt vorgeschriebene Fähigkeiten nur schrittweise auszubilden.

 

Ich frage mich, ob die Eltern der Cubs in irgendeiner Weise mit Roller Derby zu tun haben.

Edel: Komischerweise kam ursprünglich kein einziger Cub aus einer Derby-Familie. Nachdem Eltern und Vormunde aber die Fortschritte der Cubs gesehen haben, haben sich einige natürlich bei den Brawlers engagiert. Wir haben sogar eine Familie, deren Töchter bei den Cubs angefangen haben und deren Mutter nun im Fresh Meat Programm der Brawlers skatet, während der Papa Mitglied in der lokalen Men’s Derby-Liga South Wales Silures wurde.

Anfänglich wurden die Cubs noch vom Trainingskommittee der Tiger Bay Brawlers organisiert, doch inzwischen beziehen wir Eltern und Vormunde durch die Gründung eines eigenen Kommitees stärker ein. So können sich auch die nicht-skatenden Eltern für Unterhalt und Organisation der Liga engagieren.

 

Im Fußball wäre die gesamte Familie in einem Club. Im Roller Derby sind sie in verschiedenen Ligen. Wie vertragen sich diese Körperschaften? Konkurriert ihr um Hallenzeiten?

Edel: Wir betrachten Cubs und Brawlers als Teil derselben Liga. Deswegen konkurrieren wir nicht um Hallenzeiten. Es bleibt aber ein schwieriges Thema. Vor kurzem kam die Frage auf, wie die Cubs zum Training gebracht werden sollen. Glücklicherweise ist die Unterstützung unserer Eltern und Vormunde im Moment großartig. Sie treffen sich vor dem Training, um die Teilnahme jeder einzelnen Spielerin zu gewährleisten. Trotzdem müssen wir immer noch viele junge Leute enttäuschen, die nicht zum Training gefahren werden können. Ich bin mit „5×60“ momentan in Verhandlungen, entweder in Schulen unterzukommen – im Augenblick trainieren wir an einem College – oder Pendelbusse einzusetzen, um Kinder von der Schule zum Training zu fahren und ihnen den Zugang zu diesem Sport zu ermöglichen. Auf lange Sicht wollen wir als Liga, die momentan in drei verschiedenen Einrichtungen trainiert, natürlich unsere eigene Halle besitzen.

Zu den South Wales Silures haben wir eine tolle Beziehung. Viele ihrer Skater sind Referees oder Bench Staff bei uns. Wir alle sind Teil der Derby-Familie und es ist wichtig, dass wir uns klarmachen, dass wir das Gedeihen unseres Sports nur fördern, indem wir uns gegenseitig unterstützen.

 

Wie viele Skater haben die Tiger Cubs? Habt ihr mehr als ein Team?

Edel: Zur Zeit haben wir ungefähr zwanzig Jugendliche, die regelmäßig skaten. Von denen haben elf die Minimum Skills bestanden und sind bereit für Bouts. Unser Ziel ist es, zwei Intra-League-Teams mit je 14 Skatern bis zur Hauptversammlung im nächsten Jahr zu haben. Da Junior Derby ein noch junger Sport in Großbritannien ist, gibt es noch nicht viele potentielle Gegner.

 

Die übliche Einteilung der Altersklassen im Sport ist normalerweise U11, U13, U15, U17 und U19. Skaten wirklich Elf- und 16jährige gegeneinander? 

Edel: Beim Aufbau der Cubs haben wir geschaut, was die Junior Roller Derby Association (JRDA) empfiehlt, so wie sich Erwachsenen-Ligen die WFTDA als Vorbild nehmen. Und die JRDA-Richtlinien sehen Altersklassen von 6 bis 10 und 11 bis 18 Jahren vor. Deswegen: Ja, Elfjährige spielen gegen 16jährige. Aber wenn du die Cubs skaten siehst, sind ihre Fähigkeiten alterslos. Eine unserer jüngsten Spielerinnen, Marquis de Sadie, ist eine der wildesten! Wie beim Erwachsenen-Derby geht es um das, was du zu geben bereit bist, nicht um dein Alter. Und bei uns trainieren auch Jungen und Mädchen, sie spielen aber weder in Scrimmages noch Bouts gegeneinander.

 

Plant ihr, der JRDA beizutreten?

Edel: Wir warten die Entscheidung der WFTDA zum Thema Junior Derby ab. Judge Redd arbeitet außerdem gerade zusammen mit der UKRDA an einer Plattform für britisches Junior Derby. Das sind zur Zeit unsere Schwerpunkte.

 

Was war das größte Hindernis bei der Gründung einer Junior League und was würdest du jenen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, eine Junior League-Schwester zu gründen?

Edel: Ich würde sagen, am härtesten ist es, eine Halle sowie genug Zeit am Tag für das Coaching der Junioren zu finden. Redd wie ich waren immer A- oder B-Team-Skater, Tiger Bay-Kommitee-Mitglieder und Redd darüber hinaus auch noch Trainerin der Erwachsenen. Und dann haben wir ja eigentlich auch noch normale Jobs.

Sicherheitsvorschriften und Versicherung für Minderjährige können je nach Standort einer Liga abweichen. „5×60“ konnte uns in dieser Hinsicht beraten und wir empfehlen neuen Ligen, vergleichbare lokale Organisationen zu kontaktieren, um diese herauszufinden.

Am allerwichtigsten ist ein fester Termin pro Woche, der ausnahmslos eingehalten wird. Selbst wenn die Halle einmal nicht frei ist, solltet ihr unter freiem Himmel skaten oder Filmaufnahmen eines Bouts analysieren. Entscheidet euch für einen Termin und bleibt dabei, so dass du den Junioren das Gefühl gibst, dich dem Team verschrieben zu haben und genauso viel zu investieren wie sie selbst.

Und bringt die Junioren, ihre Eltern und Vormunde dazu, sich in der Erwachsenen-Liga zu engagieren. Bittet sie, bei Bouts auszuhelfen. Organisiert Benefizveranstaltungen und informelle U18-Bündnis-Treffen. Gebt ihnen das Gefühl dazuzugehören.

 

Ist das Training konkurrenzbetont oder steht der Spaß im Vordergrund?

Edel: Die Cubs haben sich zusammen mit Trainern, Eltern und Vormunden Ziele gesetzt. Dazu gehört, binnen eines Jahres konkurrenzfähig gegen eine andere Liga zu skaten. Das Training ist deswegen konkurrenzbetont und auf dieses Ziel ausgerichtet. Es ist strukturiert wie bei den Erwachsenen, wir versuchen aber, kleine Spiele unterzubringen.

 

Was sind die größten Unterschiede zwischen Erwachsenen- und Junior Derby?

Edel: Es gibt leicht andere Zielzonen, es dürfen nicht mehr als drei Schritte in einen Block hinein gemacht werden und du musst zu Beginn eines Jams zehn Fuß von der Jammer Line entfernt sein.

 

Werden die Tiger Bay Brawlers eines Tages von den Cubs als Fresh Meat profitieren? Und glaubst du, dass eine Roller Derby-Karriere zukünftig üblicherweise einen Anfang im Junior Derby machen wird?

Edel: Mit der Gründung der Brawlers planten wir von Anfang an, uns auf höchstem Niveau zu messen. Das bedeutet, dass wir zukünftig gegen amerikanische Teams werden antreten müssen und dort gibt es Junior Derby seit vielen Jahren. Es gibt dort Veteranen, die mit 18 oder 19 bereits auf bis zu fünf Jahre Skateerfahrung zurückblicken können. Deshalb müssen auch wir das Wachstum von Junior Ligen unterstützen. Ja, ich glaube also, dass das ein üblicher Weg werden wird.

Ich schrecke jedoch vor dem Term „profitieren“ zurück. Die Cubs sind genauso Teil von Tiger Bay wie eine A-Team Skaterin. Unabhängig davon, ob sie als Cubs oder Fresh Meat skaten, fördern sie das Wachstum unserer Liga wie es jedes andere Mitglied auf dem Track oder abseits davon auch tut.

Ich will nicht für andere sprechen, aber ich glaube, dass dir jeder, der mit Roller Derby zu tun hat, bestätigen wird, dass du dort deine innere Stärke unabhängig von deinem Alter findest. Irgendetwas an diesem Sport löst Dinge in dir aus, die in einem normalen Leben nicht stattfinden.

 

 

Interview und Übersetzung: Walmaul
Photos: Adam Chard
Scott Cole
Dave McAleavy

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