Schmerz. Unheimlich fieser Schmerz, den ich in dieser Form bisher noch nie erlebt habe. Das sind die eindrücklichsten Erinnerungen an mein Erstes Roller Derby Training. Nach den ersten drei Stunden auf acht Rollen musste mein Mann mich abends aus der Badewanne heben. Die Treppenstufen zu unserem Schlafzimmer kam ich kaum rauf.
Mich vom Rücken auf die Seite drehen löste die nächsten Nächte ein Stechen und Ziehen in den Oberschenkeln aus, das ich mir überlegte die nächsten zwei Jahre einfach auf dem Rücken liegen zu bleiben. Mein letzter Gedanke, bevor ich an diesem Abend in einen komatösen Schlaf fiel, war: „Das will ich morgen wieder machen!“
Meine Roller Derby „Karriere“ begann vor drei Monaten. Mitte Juli traf ich mich das erste Mal mit einer Horde ziemlich bunter Mädchen in einem Biergarten. Die Initiatorin des Ganzen, eine alte Bekannte von mir, hatte in Karlsruhe bereits Derbyerfahrung sammeln können und wollte nun in ihrer neuen, alten Heimat Kassel ihren neuen Lieblingssport weiter ausüben. Vor einem knappen Jahr schrieb sie mich an, ob ich denn Lust hätte mitzumachen und ich sagte ganz unbedarft erst mal „Ja“.
Roller Derby kannte ich nur durch Youtube Videos, die ich mir ansah, bevor ich zum besagten Treffen ging. Ich wollte eigentlich nur meine überschüssigen Schwangerschaftskilos loswerden und war bei allen vorangegangenen Versuchen grandios gescheitert. Hier erhoffte ich mir Spaß und Gruppenzwang.
Nach unserem ersten bierlastigen Treffen war ich hoch motiviert und voller Tatendrang. Ich ersteigerte mir gebrauchte Discoroller auf eBay, erklärte den Snowboardhelm meines Mannes jetzt zu MEINEM Derbyhelm und investierte noch „etwas“ Geld in gute Schoner. Schon nach dem dritten Treffen hatten wir eine Gruppe von circa fünfundzwanzig Mädels plus Anhang und standen das erste Mal auf Rollen. Ich dachte an die Videos, die ich gesehen hatte, während ich, wie ein Giraffenjunges auf einem zugefrorenen See, über das Parkdeck stolperte, und fragte mich, ob ich überhaupt eine realistische Chance hätte, jemals nur halb so gut dabei auszusehen, bzw. eine Runde um den Track zu schaffen, ohne mir den Hals zu brechen.
Doch schon nach meinem zweiten Training stellte ich hocherfreut fest, dass der Muskelkater weniger heftig ausfiel. Bis heute ist es ein grandioses Gefühl, deutlich zu spüren, wie sich von Mal zu Mal meine Fähigkeiten verbessern und die Leidenschaft für diesen Sport wächst. Nach unserer ersten Equipmentschulung habe ich begonnen meine Discoroller umzubauen, nach jeder Modifikation spüre ich Unterschiede und inzwischen verbringen wir unsere Trainingspausen schon damit, über Kugellager und Rollen zu fachsimpeln.
Wenn ich mir überlege, dass wir erst seit drei Monaten trainieren, bin ich immer noch etwas sprachlos. Aber eines ist klar: Spätestens seit dem Wir unseren ersten Bout gesehen haben (Roller Girls of The Apocolypse vs. Graveyard Queens Cologne in Kaiserslautern), haben wir ein Ziel, auf das wir hinarbeiten: In einem Jahr Bout bereit sein!
Über die Autorin:
Martha Pfahl aka. Marie-Christin Spitznagel lebt, rollt und schreibt in Kassel. Von nun an lässt die freiberufliche Texterin und Publizistin uns an ihrem Weg vom Rookie zum echten Roller Girl teilhaben.
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