…und wer baut uns jetzt eine Sporthalle?

„Sie wollen mit den Rollerblades in die Sporthalle?“
„Rollschuhe…“
„Mir egal, ob das Rollerskates oder Inlineblades sind, damit können sie nicht in die Halle. Das macht den Boden kaputt.“
„Nein, wir machen den Boden nicht kaputt. Roller Derby ist eine Hallensportart. Die Rollen und die restliche Ausrüstung sind speziell für die Hallennutzung gedacht. (…)“

Na, wieviele solcher oder so ähnlicher Dialoge habt ihr schon geführt? Da hat man endlich ein paar Leute in der eigenen Stadt gefunden, die auch Roller Derby spielen möchten, beginnt damit, eine League aufzubauen und eigentlich fehlt jetzt nur noch eines: Ein geeignetes Trainingsgelände – also eine Sporthalle. Und damit fangen die Probleme erst so richtig an…was also tun? Neben viel Zeit und Hartnäckigkeit, könntet ihr in etwa so vorgehen:

1. Listen aller Sporthallen im Umkreis

In jeder Stadt gibt es unzählige Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien, Berufsschulen… Normalerweise besitzt jede Schule eine eigene Sporthalle. Hinzu kommen Vereine, die eigene Sporthallen besitzen. Es gibt außerdem sogenannte städtische und private „Mehrzweckhallen“, die nicht unbedingt als Sporthallen ausgewiesen sind. Mehrzweckhallen werden besonders für Bouts interessant, da sie meist über eine Art Tribüne verfügen, für bestimme Besucherzahlen ausgewiesen sind, eine Küche oder ähnliches besitzen und über eine geeignete Infrastruktur (Bus-/Bahnhaltestelle, Parkplätze) verfügen.
Im Normalfall gibt es bei der Stadt ein „Amt für Schule und Sport“ oder etwas ähnliches. Telefoniert euch durch, lasst nicht locker und findet den entsprechenden Ansprechpartner!

2. Vergaberichtlinien der städtischen Sporthallen

Sobald ihr einen Ansprechpartner bei der Stadt habt, solltet ihr soviel wie möglich herausfinden. Wie werden Hallenzeiten in städtischen Sporthallen vergeben? Muss man ein Verein sein/einem Verein angehören? Werden Vereine mit größeren Mitgliederzahlen bevorzugt? Werden bestimmte Sportarten bevorzugt, z.B. „klassische Hallensportarten“? Gibt es Belegungskriterien hinsichtlich Teilnehmerzahlen bei Übungsstunden, Größe des Spielfeldes, etc.? So werden z.B. dreiteilige Sporthallen häufig vorranging an Sportarten mit großem Flächenbedarf (den ihr mit dem Track begründen könnt!), bestimmtem Höhenanspruch und vorgegebenen Mindestteilnehmerzahlen vergeben.
Lasst Euch Kopien der Vergaberichtlinien und der Benutzungsordnung zusenden; oft kann man beides auch auf den Websiten der Stadt downloaden.

3. Größe der Sporthalle

Sporthallen werden meistens in bestimmten Standardgrößen gebaut. Die klassische Schulsporthalle hat häufig Maße um die 27 x 15 m, da passt allerdings kein Track rein. Rein theoretisch benötigt Roller Derby eine Halle mit etwa 45 x 27 m Grundfläche (die bereits erwähnte dreiteilige Sporthalle), um genügend Platz für den Track + Outside Pack Refs zu haben. Rein praktisch grenzt es aber an ein Wunder, wenn irgendwo so eine Halle leer herumstehen sollte…
Stellt euch also im Vorfeld schon darauf ein, dass ihr eventuell zunächst mit einer kleinen Sporthalle auskommen müsst.

4. Boden der Sporthalle

Es gibt verschiedenen Bodensysteme. Man unterteilt in Deutschland meist in folgende Typen:
– punktelastische Bodensysteme,
– flächenelastische Bodensysteme,
– misch- und kombinationselastische Bodensysteme.
Das deutsche Bundesinstitut für Sportwissenschaft hat in DIN 18032, Teil 2 „Hallen für Turnen, Spiele und Mehrzwecknutzung – Sportböden, Anforderungen, Prüfungen“ die Parameter und Größen für Rollsporttauglichkeit von Sportböden festgelegt. Für flächenelastische Bodensysteme ist kein gesonderter Nachweis erforderlich! Bei misch-, kombinations- und punktelastischen Systemen muss aufgrund des hohen Rollwiderstandes vom Sportbodenhersteller ein entsprechendes Prüfzeugnis vorgelegt werden.

Was heißt das jetzt genau? Erstrebenswert ist natürlich eine Halle mit flächenelastischem Bodensystem. Hier sollte es keinerlei Probleme geben. Eine Halle mit punktelastischem (oder anderem) Bodensystem ist auf den ersten Blick für Roller Derby ungeeignet, da man aufgrund des Rollwiderstandes mehr Kraft beim Skaten (man sinkt etwas ein…) benötigt. Dennoch macht Rollschuhsport in einer Halle mit punktelastischem Bodensystem den Boden nicht per se kaputt. Dies ist aber im Einzelfall immer nachzuweisen – macht einen Termin mit den Hallenverantwortlichen aus und belastet den Boden! In DIN 18032 Teil 2 findet sich auch ein Anforderungswert, bis zu dem ein Bodensystem für den Rollsport als geeignet angesehen werden kann – sofern also Dokumente über den Boden der zu testenden Halle vorliegen, kann dieser Wert überprüft werden.

Als Oberbeläge eignen sich übrigens alle für Sportböden eingesetzten Belagsarten: Linoleum, PVC, Kautschuk, Polyurethan, versiegelte und nichtversiegelte Holzböden und diverse Auflegeböden.

Hier findet sich auch ein entsprechender Schrieb des Bundesinsituts an den Deutschen Rollsport und Inlineverband, in dem alles noch einmal nachgelesen werden kann.

5. Vereine

Lasst euch eine Liste aller Sportvereine im Umkreis geben. Gibt es Radsport, Rollsport oder Rollstuhlsportvereine, die städtische Sporthallen nutzen? Die Hallen, die von diesen Vereinen genutzt werden, sind logischerweise auch für Roller Derby geeignet! Kontaktiert den Rollkunstlaufverein oder den Inline-Hockey-Verein – vielleicht kann man sich ja zusammentun?
Wenn ihr selbst noch kein Verein seid, und gerade über die Gründung eines Vereins nachdenkt, dann zieht auch den Beitritt zu einem bestehenden Verein in Betracht. Sollte es keinen Rollsportverein in eurer Stadt geben, dann kontaktiert einfach mal die großen Sportvereine. Gerade die großen Vereine haben oft einen guten Draht zur Stadt und mit Vitamin B funktioniert bekanntlich vieles leichter.
Aber lasst euch ruhig ein wenig Zeit mit der Vereinssuche! Man bekommt im Laufe der Zeit ein Gespür dafür, ob der Verein einfach nur neue Mitglieder möchte, oder sich wirklich für einen einsetzen wird…

6. Private Hallen

Gibt es z.B. eine Eislaufhalle? Wie sieht es mit leerstehenden Industrie- und Lagerhallen aus? Es soll in manchen Städten auch andere private Sporthallen geben, die weder von Vereinen, noch von städtischen Trägern betrieben werden…

7. Hausmeister

Egal, wie seltsam, verschroben oder schlecht gelaunt der Hausmeister ist: Er muss euer bester Freund werden! Hausmeister haben die Schlüsselgewalt in „ihrer“ Sporthalle und auch ansonsten meist einen recht hohen Herrschaftsanspruch über „ihre“ Sporthalle. So gibt der Hausmeister häufig an den Besitzer/Betreiber einer Sporthalle weiter, ob diese sachgerecht genutzt wird. Der Hausmeister wird sich am Anfang vermutlich auch des Öfteren den Boden nach dem Training anschauen, bis er wirklich davon überzeugt ist, dass man den Boden seiner Halle nicht beschädigt. Hat man sich den Hausmeister aber erstmal zum Freund gemacht, werden auf einmal Dinge möglich, die vorher unter keinen Umständen funktioniert hätten…

8. Halle testen

Ihr habt also einen Termin zum Probeskaten in einer Halle bekommen? Dann solltet ihr gut vorbereitet erscheinen: Am besten Gumballs oder Snyder Toe Stops verwenden! Vielleicht machen auch andere Stopper keine Streifen in eurer zukünftigen Halle – das könnt ihr aber immer noch in aller Ruhe ausprobieren, wenn niemand zuschaut! Nach Möglichkeit helle Rollen verwenden (hier greift das „weiße Turnschuhe“ vs. „schwarze Turnschuhe“ Argument). Die Schutzausrüstung mit weißem medizinischem Gewebetape präparieren – nicht alle Schützer machen bei Knee Falls böse Streifen – ihr solltet aber eine Möglichkeit haben, den Streifen entgegenzuwirken, falls sie auftreten. Das Tape gibt es in jeder gut sortierten Drogerie oder Apotheke.

9. Durchhaltevermögen, Hartnäckigkeit, Höflichkeit und…Glück

Das Thema Hallen- und Vereinssuche wurde in Karlsruhe im September 2011 (der Winter stand vor der Tür…) nach einer Parkplatz-Saison wieder aktuell. Unzählige Emails und Telefonate brachten im Oktober endlich ein wenig Bewegung in die Sache und Ende November konnten wir durch glückliche Zufälle und etwas Vitamin B erstmals in einer (viel zu kleinen) Halle trainieren – aus der wir allerdings Ende Dezember quasi wieder rausgeschmissen wurden…
Seit Januar sind wir nun dabei, Abteilung eines Vereins zu werden, der uns mit offenen Armen aufgenommen hat, uns zum Glück sehr viel Unterstützung zukommen lässt und sich bei der Stadt für uns stark macht – momentan haben wir aber leider nur einen Hallentermin pro Woche. Mit etwas Glück bekommen wir bald einen zweiten (Hallen-)Trainingstermin und endlich endlich endlich die Zusage für eine Halle, in der wir auch bouten können…

Viel Erfolg!

 

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